WETTBEWERB VOLKSSCHULE STEINACH AM BRENNER
Auslober: Marktgemeinde Steinach am Brenner und
Schulverband Steinach, Gschnitz und Trins
Standort: Steinach am Brenner / Tirol
Aufgabe: Bauen im Bestand, Bildung, Neubau
Projektdauer: September - Dezember 2021
NF: ca. 2.900 m²
PLANUNGSTEAM
Architektur: KATO architects / DI Karin Demarki / Thomas Leist
Modellbau: steck modellarchitektur
Ortsplanerische Idee / Lösungsansatz
Das Planungsgebiet liegt westlich des Ortszentrums und des Gschnitzbaches. Westlich und südliche davon erstrecken sich Flächen, die als Wohngebiet gewidmet sind und gegenwärtig bereits teilweise durch Einfamilienhausbebauung besiedelt sind. Der bestehende heterogene Schulcampus wird durch die Positionierung des neuen Volksschulgebäudes gegen Süden hin abgerundet. Prägnant und selbstbewusst, stark und eigenständig, bildet der kompakte Baukörper den südöstlichen Ankerpunkt des Areals und stiftet durch seine Höhenentwicklung klare Identität. Die erdgeschossige Ausdehnung des Gebäudes weist mit verbindender Geste zum denkmalgeschützten Mittelschulgebäude hin. Die Ausrichtung erfolgt orthogonal auf das Gebäude der bestehenden Polytechnischen Schule und reagiert somit selbstverständlich auf die ihn umgebenden Baukörper.
Die Position des neuen Volumens bildet das Ende der bestehenden Erschließungsachse, lässt jedoch die Blickachse nach Süden und Osten frei.
Architektur / gestalterische Aspekte
Pädagogisches „offenes“ Konzept – selbstinitiert und selbstgesteuert
Kinder verbringen zunehmend mehr Zeit in Bildungseinrichtungen. Gestalterisch ansprechende und bewegungsfördernde Lernumgebungen sind als Lebensräume zu entwickeln. Begegnung und Bewegung abseits vom Sportunterricht im Turnsaal sind im schulischen Alltag integriert.
Raum als „Dritter Pädagoge“
Qualitätsvolle Lernräume und das Wohlfühlen in schulischen Innen- und Außenräumen sind Grundlage für gutes Lernen. Wachstum und Entwicklung sind an funktional und räumlich vielseitigen Orten lebbar. Der Raum gilt daher neben Lehrern und Schülern als „dritter Pädagoge“. Unterschiedliche Erlebniszonen können mit Abtrennungen wie Möbeln oder Vorhängen geschaffen werden. Ruhige Nischen zum Lesen stehen ebenso zur Verfügung wie offene Bereiche zum Sprechen, Singen oder Musizieren.
Die neue Schule ist eine offene Struktur, die flexibel bespielt werden kann. Dem Konzept liegt ein klares Gerüst zugrunde, welches mit einem regelmäßigen Konstruktionsrhythmus eine hohe Flexibilität ermöglicht und Zukunftstauglichkeit garantiert.
Offene und geschlossene Zonen werden durch die Möblierung von den Lehrenden selbst gestaltet und ermöglichen individuelle Raumkonstellationen für neue Gemeinschaften und kreative Vernetzungen, für neue soziale Welten.
Das neue Lernhaus ist ein identitätsstiftender Ort, der das integrative Lernen und Spielen ermöglicht und fördert. Durch die einfache und räumlich spannende Organisation wird das Haus für Schülerinnen und Schüler unterschiedlichen Alters nahbar und erleichtert die Orientierung durch den offenen Raum. Lichtdurchflutete und gut riechende Räume bestimmen den primären Raumeindruck. Die Konzeption wird unterstützt durch einen stimmigen Material- und Farbkanon aus einer Kombination von Stahlbeton und regionalem Holz.
Konstruktion
Das Unter- sowie Erdgeschoss sind in Massivbauweise geplant. Die leicht auskragenden Obergeschosse werden in Mischbauweise mit einer Tragstruktur aus Stahlbeton und Außenwänden in massivem Holzbau ausgeführt.
Materialität
Sichtbeton, Glas, Holz, Linoleum, Textilien.
Die neue Volksschule ist primär geprägt von offenen, lichtdurchfluteten und gut riechenden Räumen. Die Konzeption wir unterstützt durch den Einsatz von natürlichen Materialien wie Holz, Linoleum und Textilien wie Filz oder Molton.
Freiraum
Die präzise Setzung des neuen Gebäudes entwickelt gut gegliederte und maßstäblliche Außenräume: der Schulhof der Neuen Mittelschule – der Schulhof der neuen Volksschule – der Sportplatz. Sowohl auf den Schulhöfen (Sommertage) als auch auf den großzügigen Loggien bzw. der Dachterrasse finden Freiklassen ihren jahreszeitlich geeigneten Platz.
Bewegungsvolksschule und erweitertes Außenraumangebot
Die Polytechnische Schule und die neue Volksschule nehmen den Sportplatz in ihre Mitte. Er wird Teil des Schulhofes, wird zur Spielebene der Pausenfläche oder in neuer Multifunktionalität Zuschauerraum bei Konzerten aus dem Musiksaal.
Der Schulhof spannt sich in Ost-West-Richtung zwischen der neuen Volksschule und der neu organisierten Mittelschule und bildet wie selbstverständlich den Auftakt zu den Eingangsbereichen und der inneren Erschließung.
Funktion
An zentraler Position des neuen Gebäudes entsteht der überdachte Eingangsbereich. Der alltägliche Weg der Kinder führt sie direkt über das westliche „schmutzige“ Treppenhaus in die Zentralgarderobe und über die östliche „saubere“ Stiege wieder hinauf in die Obergeschosse, die Cluster. Die Aula ist zentraler Treffpunkt für Schüler, Lehrer und Eltern. Der Musiksaal befindet sich auf gleicher Ebene, kann zum Schulhof hin geöffnet werden oder durch Verschieben der Faltwände mit der Aula zu einem großen multifunktionalen Raum verbunden werden. Der gemeinsame Mittagstisch der Kinder mit Ganztagesbetreuung erfolgt im südlichen Teil der Aula, an den sich direkt die Bibliothek anschließt. Im südlichen Außenbereich der Aula bzw. Bibliothekt erstreckt sich eine sonnige Freiterrasse.
Ein Halbgeschoss über der Eingangsebene liegt der Verwaltungsbereich sowie die Sonderräume für en Werkunterricht.
Im Untergeschoss sind die Zentralgarderobe sowie die Nebenräume untergebracht. Der natürlich belichtete Turnsaal bzw. der Bewegungsraum im westlichen Bauteil sowie die zugehörigen Umkleiden sind auch für externe Besucher oder Vereine direkt durch das westliche Stiegenhaus bzw. den Aufzug barrierefrei erschlossen.
In den Obergeschossen liegen die Bereiche der vier Cluster auf jeweils einem Geschoss, gleichberechtigt mit sehr guter Belichtung und weiten Ausblicken. Die baulichen Parameter geben mit Ausnahme der statischen Erfordernisse keinerlei starre Raumdefinition vor, sondern fordern die Pädagogen auf, dieses nutzungsflexible und veränderbare Raumkontinuum durch Möblierung den individuellen Anforderungen den jeweiligen Gruppen anzupassen. Die Cluster sind geprägt von einer gut zonier- und wahlweise möblierbaren Mitte, auf welche alle „Klassenzimmer“ gleichwertig Zugriff haben. Verschiebbare Schränke und Regale bilden Wände mit Stauraum, lassen Durchgänge oder werden zu Kletterburgen. Die Pädagoginnen entscheiden in Eigeninitiative wo Offenheit oder geschützte Bereiche definiert werden sollen und lassen den Kindern die Freiheit den Raum selbst zu gestalten, um sich darin zu entfalten.