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WETTBEWERB DORFMITTE OBERLIENZ

Auslober: Gemeinde Oberlienz

Standort:  Oberlienz / Tirol

Aufgabe:  Öffentlicher Raum

Projektdauer: August - Oktober 2022

PLANUNGSTEAM

  Architektur: KATO architects / DI Karin Demarki / Thomas Leist

  Modellbau: Die Modellbauer

    www.architekturwettbewerb.at

Architektonische und städtebauliche Aspekte - Urbanität – Begegnung - Aufenthalt
„Oberlienzer Mitteldorf“

 

In der Ortschronik ist zu lesen, dass um 1300 für die Siedlung um die Pfarrkirche Maria Himmelfahrt der Ortsname Mitteldorf gebräuchlich war. Wir wollen diese historische Bezeichnung für den Dorfplatz wieder aufnehmen.


Oberlienz, eines der Sonnendörfer, ist reich an Baukultur aus verschiedenen Epochen. Auf der Suche nach der Dorfmitte war uns die alte Linde ein Ankerpunkt. Ihr Standort vor dem Gemeindeamt dient bereits heute als Treffpunkt und Veranstaltungsort. Es gilt die höher gelegene Vorplatzebene des Gemeindeamts in ein ganzheitliches Konzept zu integrieren. Dies gelingt durch sanfte Abrundung des Bereiches unter der Baumkrone und geschmeidige Bewegungsführung durch eine Treppenanlage und Rampe in Richtung Straßenniveau, das nur einen guten Meter tiefer liegt. Das neu errichtete Stufenband anstatt der Mauer beseitigt den „Leitplanken-Effekt“ und öffnet gleichzeitig den Straßenraum an der nordöstlichen Ausfahrt. Bei der Einfahrt wird durch dieses Spiel von Enge und Weite, sowie durch die wechselnden Fahrbahnbeläge eine automatische Verlangsamung des motorisierten Verkehrs eingeleitet. Eine verkehrsberuhigte 30kmh-Zone wird angestrebt.


Der oberste Teil des Platzes bildet das kommunikative Zentrum von Mitteldorf und ist gerahmt vom nördlichen Baukörper, der Lebensmittelgeschäft, Cafeteria mit Freiterrasse und einen Bereich öffentlicher Nutzungen (öffentliche Toiletten, Fahrradstellplätze mit Ladestationen, etc.) aufnimmt. Für zukünftigen Wohnbedarf gibt es die Möglichkeit auf diesen Baukörper aufzustocken und Wohnungen im Gemeindezentrum zu schaffen.
 

Der Dorfraum fließt durch die neue feingliedrige Pflasterung wie selbstverständlich über die Landesstrasse in den Kramergarten, an dessen Rand sich die Bushaltestelle unter einem Flugdach befindet. Den Höhenunterschied ins Grün bewältigt man über die großzügige Treppenanlage und eine Rampe, die zum Spaziergang durch den Garten weiterführt. Der Kramergarten ist als grüne Entspannungsinsel gedacht. Er kann jedoch auch mit Garten- oder Landwirtschaftsmarktständen auf unterschiedlichen Plateaus im Grünen bespielt werden. Ein Fußweg windet sich bis ans südwestliche Ende und geht dort in den Garten unterhalb der Feuerwehr mit Ausgängen aus der Leichenhalle über. Er setzt sich durch diese Gartenfläche fort und gelangt über ein neu angelegtes Podest direkt und ebenerdig in den Friedhof. Eine weitere neue Freitreppe führt auf den südlichen Kirchdorfweg beim Pfarrhaus. So sind Pfarr- und Gemeindeamt fußläufig barrierefrei verbunden und bilden eine Bewegungsachse. Beeinträchtigte Personen finden den Zugang zu den Gartenwegen im Süden über den Friedhof.

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Material Pflasterung

Es wird der regional abgebaute Krensheimer Muschelkalk vorgeschlagen: ein beigeheller, amorpher, dichter Kalkstein, frostbeständig und witterungsfest. Kurze Transportwege und lokale Verarbeitung unterstützen die ökologische Wertigkeit. Die helle Oberfläche reflektiert das Licht und beugt sommerlicher Überhitzung vor. Eine homogene Oberfläche wird durch die richtungslose Verlegung des gesamten Dorfplatzes im wilden Verband und offener Fuge mit großer Versickerungsfähigkeit erzielt. Im Straßenraum werden traditionelle Pflastersteine verwendet, die Entwässerung erfolgt in den bestehenden Kanal. Diese Pflasterung schafft die Basis für eine identitätsstiftende Kernzone, die der Tradition der alten Tiroler Dorfzentren mit zeitgemäßer Ausrichtung folgt. Auch die Möblierung wie Brunnen oder Sitzbänke ist im gleichen Material gehalten. Nicht nur die grundrissliche Gestaltung der Landesstraße sondern auch die Oberflächengestaltung wird durch unterschiedliche Beschaffenheiten den Verkehrsfluss beruhigen.

Fazit
 

Urbanität klingt nach Stadt, gilt aber auch für Gemeinden wie Oberlienz, denn: Urbanität bedeutet auch Begegnung und das Zusammen- und Aufeinandertreffen im öffentlichen Raum nicht nur in der Baukultur sondern vor allem in sozialräumlichen Strukturen. Unser Konzept verfolgt den Abbau von Barrieren und Mauern und schafft die Öffnung und Verbindung vielfältiger Räume von unterschiedlichen Qualitäten. Der gewünschte Dorfplatz und die definierte Kernzone generieren Identität für die Bewohner und veranlassen den Autofahrer auf der Durchfahrt zu langsamerem Tempo.

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Beleuchtung

 

Entlang der Landesstrasse sind Mastenleuchten in regelmäßigen Abständen geplant. Sie liefern eine gleichmäßige Ausleuchtung des Bewegungsraumes und der befestigten Fläche. Auf dem Dorfplatz Mitteldorf wird die Linde von unten angestrahlt und am Gemeindezentrum sowie entlang der Tiefgaragenrampe strahlen Wandleuchten in Richtung Platz. Auf den Treppenanlagen sorgen eingelassene Boden- und Stufenleuchten für Ausleuchtung. In der Bushaltestelle werden Einbauspots im Flugdach integriert. Die Beleuchtung in den Gärten wird in warmweiß-gelbem Licht gehalten um die nachtaktiven Insekten so wenig wie möglich zu iritieren. Durch den Einsatz von warmweißen LED-Leuchten und das Schalten von zeitlichen Intervallen werden einerseits die in den Gärten lebenden Wesen geschützt, andererseits spart dies Energie.

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Grünraum

 

Die bestehenden Grünflächen werden zu Aufenthaltsräumen. Für neue Pflanzungen werden heimische Baumarten gewählt, die trockenresistent, frostbeständig und winterhart sind. Blumenwiesen als Biodiversitätsflächen schaffen Lebensraum für Insekten. Auf dem zentralen Platz ist die alte Linde der pflanzliche Protagonist.
Neue Baumreihen aus Feldahorn und Hopfenbuche. begleiten den Rampen- und Wegeverlauf. Markante Bäume in den Gärten sind der Blauglocken- und der Mehlbeerbaum, die leichte Blätterdächer zum Verweilen bringen und jahreszeitliche Akzente bilden. Zwei neue markante Bäume stehen im Osten und Westen am Eingang ins Kerngebiet und entschleunigen den motorisierten Verkehr.

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Parkplätze

Im vorgeschlagenen Konzept „verschwinden“ die motorisierten Fahrzeuge in einer leicht abgesenkten, unter dem Dorfplatz liegenden Tiefgarage. Wichtig ist, dass sich die Attraktivität des Platzes an Fußgänger und Radfahrer richtet, was die Anzahl der PKWs im Laufe der Zeit senken wird. Es sind jedoch ausreichend Stellplätze vorhanden, so dass auf die Errichtung eines Parkplatzes südlich der Kirche und somit die Versiegelung zusätzlicher Flächen verzichtet werden kann. In der Tiefgarage können die Bewohner der angedachten Gebäudeaufstockung ihre Stellplätze erhalten.
Die Tiefgarage nutzt den Fußabdruck des abzutragenden Lebensmittelmarktes und derzeitigen Parkplatzes und benötigt nur geringe Absenkung, da der oberhalb liegende Platz angehoben wird, was sich kostenschonend auswirkt.

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